Vom 05.11.-13.11. fand im Gut Kaltenbrunn, in Gmund am Tegernsee, die OIBM statt. Ich wollte schon seit vielen Jahren dort teilnehmen, doch kam immer etwas dazwischen und dieses Jahr hat es endlich geklappt. Die OIBM ist eines der größten und stärksten Turniere Deutschlands, was sie für mich sehr attraktiv macht. Wir reisten bereits am 04.11. an um uns entspannt in der Ferienwohnung einzurichten, einzukaufen und ein wenig die Umgebung zu erkunden.
Sowohl der Spielort als auch unsere Unterkunft lagen direkt am Tegernsee, sodass ich vor der Partie immer die Möglichkeit hatte, frische Luft zu schnappen und bei einem Spaziergang ein wenig den Kopf freizubekommen. Im Hintergrund kann man auch die Berge sehen, die viele der Teilnehmer für tägliche Wanderungen nutzten, ich bereitete am Morgen jedoch auch oft viel vor und hatte daher nur nach der letzten Runde Zeit für eine kleine Wanderung.
Da die Auslosung, wie in den meisten Turnieren, erst sehr kurz vor der 1. Runde online kam, war an dem Tag keine Vorbereitung nötig und wir haben stattdessen ein ausgiebiges Frühstück genossen um gestärkt in das Turnier zu starten und bereit für neun anstrengende Tage zu sein. Die ersten beiden Runden konnte ich recht souverän gegen zwei nominell schwächere Gegner gewinnen, auch wenn sie mir teilweise das Leben schwer gemacht haben. In der 3.Runde wurde ich dann gegen den späteren Turniersieger Jan-Christian Schröder gelost. Trotz der weißen Steine ging ich in dieser Partie recht chancenlos unter. Conrad Schormann hat diese Partie auf seinem Youtube-Kanal sehr tief analysiert, daher werde ich hier nicht weiter darauf eingehen und empfehle stattdessen das Video.
In Runde 4. war ich wieder Favoritin, spielte aber mit Schwarz gegen einen erfahrenen Gegner und konnte nur einen sehr kleinen Vorteil herausspielen. Nach einigen Ungenauigkeiten meines Gegners erreicht wir das Endspiel im Diagramm. Auf den ersten Blick sieht die Stellung sehr remisig aus, da Schwarz nur einen Bauern mehr hat, aber alle Bauern auf einem Flügel sind und es schwer wird einen Freibauern zu bilden, ohne viele Bauern zu tauschen. Der erste Eindruck täuscht jedoch und Schwarz hat hier eine recht einfache Gewinnidee, deren Umsetzung jedoch etwas Genauigkeit erfordert. Man muss dem e-Bauern den Weg freiräumen und sollte dabei nicht zu sehr auf das Material schauen. Der einfachste Weg dazu wäre: 49...g5 50.hxg5 hxg5 51.Ld5 Ld7 52.Lb7 f5 51.Ld5 e4.
Nun kann Weiß den Durchbruch mit 54...f4 nicht verhindern, da der e-Bauer sich einfach umwandelt. Leider wollte ich in der Partie besonders schlau sein und vergab so sogar den Gewinn und hatte Glück, dass mein Gegner die Gewinnidee bis kurz vor Schluss nicht auf dem Schirm hatte. Ich spielte: 49...Le2 50.Ld7 g5 51.hxg5 hxg5 52.Lc8 Ld3 53.Lb7?? (hier hätte stattdessen 53. g4 Remis gehalten, da mein Läufer alleine diesen Bauern nicht gewinnen kann und ich keinen Durchbruch mehr habe).f5 54.Lc6 e4 0-1. Mein Gegner gab auf, weil die gleiche Idee wie in Diagramm 2 nicht zu verhindern ist. Ich bin hier nochmal mit einem blauen Auge davongekommen, aber auch in gewonnenen Stellungen ist es sehr wichtig, die Konzentration hochzuhalten und bis zum Ende genau zu spielen, da es oft versteckte Ressourcen gibt.
In der 5. Runde konnte ich mit den weißen Steinen aus der Eröffnung heraus gewinnen und bekam dann zur Belohnung in der 6. Runde wieder einen GM zugelost - Jiri Stocek aus Tschechien. Vor 6 Jahren habe ich bereits in der 2.BL gegen ihn gespielt, auch mit Weiß, und damals habe ich verloren. Das wollte ich dieses Mal natürlich nicht zulassen. Nach einer recht ungewöhnlichen Eröffnung und kompliziertem Mittelspiel erreicht wir die Stellung in Diagramm 3. Hier verpasste ich die sehr gute Möglichkeit mit 31.Lb3 den Druck auf den f7-Bauern zu erhöhen.
Nach 31...Le6 folgt 32.Sxe6 fxe6 33.Tf5 und der schwarze Bauer auf h4 ist Geschichte. Stattdessen spielte ich 31.Tfd2 und nach einigen weiteren kleinen Ungenauigkeiten landeten wir in einem ausgeglichene Turmendspiel, in dem mein Gegner eine kleine Initiative hatte. Glücklicherweise konnte ich die Stellung recht problemlos halten. Somit stand ich nach zwei Dritteln des Turniers mit 4,5/6 wirklich gut da und bekam in Runde 7 direkt den nächsten GM zugelost, den Australier Bobby Cheng.
Die Eröffnung ging in dieser Partie leider gehörig schief, nachdem er früh eine Neuerung gespielt hat und ich keine gute Antwort darauf fand. Irgendwie schaffte ich es jedoch mich zurück in die Partie zu kämpfen und konnte trotz zweier Minusbauern wegen meiner aktiven Figuren auf Remis hoffen. Hier (Diagramm 5) traf ich jedoch eine sehr schlechte Entscheidung. Die schwarzen Figuren sind sehr aktiv, daher sollte man unbedingt jeden Abtausch vermeiden. Eine mögliche Fortsetzung wäre 28...Tc1 mit der Idee 29...Ta1. Dann schlägt man den a2-Bauern mit dem Läufer und der a3-Bauer wird nicht mehr lange überleben. Stattdessen spielte ich 28...Ta4? und erlaubte den Turmtausch. Nach 29. Txa4 Txa4 30.Ld1 Txa3 31.Lb3 konnte Weiß den a-Bauern stabilisieren und mir stand langes Leiden bevor.
Nach der Zeitkontrolle erreichten wir ein Turmendspiel, in dem ich aufgrund der reduzierten Bauernzahl hoffte Remischancen zu haben. Allerdings übersah ich eine wichtige Idee von Weiß: Der Turm wird nach b2 gehen, von wo aus er den b-Bauern unterstützt und den f2-Bauern verteidigt. Dann wird der König mit dem b-Bauern nach vorne marschieren und es wird Schwarz nie gelingen den Turm gegen den b-Bauern zu opfern, ohne dass der weiße König schlagen kann. Daher gab ich wenige Züge später auf.
In der 8.Runde bekam ich dann wieder die schwarzen Steine und konnte schnell eine vorteilhafte Stellung erzielen. Mein Gegner schreckte jedoch nicht vor Komplikationen zurück und zwang mich dazu viel zu rechnen. In Diagramm 7 gab es eine hübsche Taktik, deren Folgen ich völlig falsch einschätzte. Schwarz sollte 32... Txa3 33.Txe3 Tf1+ 34.Dxf1 Dxf1+ 35.Tg1 Df3+ 36.Tg1 Kg7 spielen und aufgrund der schlechten Stellung der beiden Türme steht Schwarz hier vollkommen auf Gewinn. Die Türme können sich kaum koordinieren und Schwarz kann langsam die weißen Bauern abholen. Leider dachte ich in der Partie, dass die Stellung alles andere als klar ist und verzichtete auf diese Option. Nach einem langen Kampf endete diese Partie Remis. Die Abschlussrunde konnte ich glücklicherweise recht souverän gewinnen und erzielte damit 6 Punkte aus 9 Partien und eine Elo-Performance von 2379. In der zweiten Turnierhälfte habe ich den ein oder anderen halben Punkt liegen lassen, das ist natürlich sehr schade stimmt mich aber optimistisch für die nächsten Turniere. Insgesamt waren meine Siege gegen die nominell schwächeren Gegner souverän und gegen die GMs habe ich mir durchaus Chancen erarbeitet (mit Ausnahme der Partie gegen den Turniersieger). Zur Belohnung gab es neben knapp 16 Elopunkten auch noch den Preis für die beste Frau.
Insgesamt kann ich die OIBM wirklich jedem empfehlen, der ein starkes Turnier innerhalb von Deutschland sucht. Auch für Leute, die Schachturniere gerne mit Urlaub verbinden ist das Turnier wirklich sehr zu empfehlen, weil die Landschaft unglaublich schön ist. Meinen Glückwunsch auch an die diesjährigen Sieger und ich hoffe bald wieder in Gmund spielen zu können!
Für mich geht es ab 30.11. beim Open in El Llobregat weiter. Bis dahin werde ich meine Partien analysieren und versuchen mein Schach weiter zu verbessern. Bis dahin, Josefine
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